unifrei - Hand mit Schreibfeder - Gender-Diskurs

Offener Brief an den Wissenschaftsrat

“Auf Antrag der Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) wird der Wissenschaftsrat (WR) die an verschiedenen Hochschulen vertretenen Gender Studies evaluieren. Diese bestätigte die neu gewählte Vorsitzende des Gremiums Professorin Dorothea Wagner auf Nachfrage bei einem Pressegespräch am 3 Februar in Berlin.”

zwd-Politikmagazin: Wissenschaftsrat: Genderforschung wird evaluiert

 

PDF: Arbeitsprogramm des Wissenschaftsrats- Januar – Juli 2020

 


 

18. Februar 2020

An
die Vorsitzende des Wissenschaftsrates
Frau Dr. Dorothea Wagner

an
die Mitglieder des Wissenschaftsrates

an
Herrn Thomas May
Generalsekretär des Wissenschaftsrates

 

Pressegespräch vom 3. Februar 2020 in Berlin:
Genderforschung wird evaluiert

 

Sehr geehrte Frau Prof. Wagner, sehr geehrter Herr May,
sehr geehrte Damen und Herren des Wissenschaftsrates!

In der Presseerklärung heißt es, die Wissenschaftssenatorin in Hamburg, Katharina Fegebank, habe beantragt, dass der Wissenschaftsrat (WR) die an verschiedenen Hochschulen vertretenen „Gender Studies“ (GS) evaluieren möge.

Es ist darauf hinzuweisen, dass es zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gibt, die Begriffe und Konzepte der Gender Studies kritisieren sowie ihre Wissenschaftlichkeit mit guten Argumenten in Frage stellen.

Es ist zu wünschen, dass die personelle Besetzung der Kommission den Anforderungen im Hinblick auf Wissenschaftstheorie, Methodik und Evaluationserfahrung unter besonderer Berücksichtigung der Nicht-Befangenheit zwecks Vermeidung von Interessenkollisionen gerecht werden wird.

Ebenso ist aus gesellschaftlicher Sicht eine weitgehende Transparenz wünschenswert, da es nicht zuletzt um die Verwendung öffentlicher Mittel geht. An dieser Stelle könnte der Rechnungshof anschließen.

Dieser Antrag ist erstens in besonderem Maße deswegen zu begrüßen und zu unterstützen, weil die Gender Studies bisher nicht evaluiert worden sind, jedenfalls nicht nach den üblichen Regeln, und die u.a. deshalb innerhalb der Wissenschaften Kritik auf sich gezogen haben. Analoges gilt sehr wahrscheinlich für die Akkreditierung von GS-Studiengängen. Und der Antrag ist zweitens sehr zu begrüßen, weil die Gender Studies durch Steuergelder finanziert werden, weshalb ein gesellschaftliches Interesse daran besteht, dass ein akzeptables Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen besteht. Die Wissenschaftsfreiheit besteht in diesem Rahmen, und außerdem nur, sofern es sich überhaupt um Wissenschaft handelt.

Daher die Frage:

Handelt es sich bei den Gender Studies um Wissenschaft?

Da sich diese Frage besonders der zu bildenden Evaluationskommission stellen wird, bitten wir darum, den Mitgliedern dieses Schreiben zur Verfügung zu stellen.

Einige konkrete Fragen an die Gender Studies sind:

  • Wie wird der wissenschaftliche Begründungszusammenhang
    (a) von möglichen vor- und nachgängigen Interessen sowie
    (b) von möglichen ideologischen Vorverständnissen getrennt und abgeschirmt?
  • Was ist das Objekt (bzw. der Objektbereich) der Gender Studies?
  • Welches ist die (jeweilige) Forschungsfrage?
  • Was wollen Gender Studies (jeweils) erklären oder verstehen?
  • Welches ist ihr – wie begründeter – kategorialer Apparat?
  • In welcher Beziehung stehen die Gender Studies zu den jeweiligen relevanten Einzelwissenschaften?
  • Welches ist die (jeweilige) wissenschaftstheoretische Grundlage der Gender Studies?
  • Welcher (jeweiligen) Methodik sehen sich die Gender Studies verpflichtet?
  • Welche Methoden werden in welchen Teilbereichen angewendet? Beispiele?
  • Welche Erkenntnisse sind aus Sicht der Gender Studies zu nennen? Beispiele?
  • Wie werden diese o.g. Erkenntnisse der Gender Studies von Einzelwissenschaften gesehen und beurteilt?
  • In welcher wissenschaftlichen Literatur haben sich diese Erkenntnisse niedergeschlagen: Literaturliste?
  • Gehen Gender Studies auf die Argumente der Gender-Kritiker ein?

Es sei abschließend darauf hingewiesen, dass im Bundesland Niedersachsen dem Anspruch nach bereits eine Evaluation der Gender Studies durchgeführt worden ist, die nachträglich einer Kritik unterzogen worden ist. Siehe hierzu: http://www.odww.de/index.php?navID=200&uid=601
Die Lektüre (20 S.) ist als Einführung in dieses praktische Evaluationsprojekt besonders geeignet.

Zur Vertiefung wird ausdrücklich auf die bereits geleisteten Vorarbeiten des Blogs sciencefiles.org hingewiesen, insbesondere auf die Daten des Gender Wiki (rechte Spalte), die einen Teil des gesamthaften – bisher nicht exakt und vollständig bekannten Mengengerüstes abbilden.

Darüber hinaus möchten wir auf folgende kritische Literatur zu Gender Studies hinweisen:

Harald Schulze-Eisentraut/Alexander Ulfig (Hrsg.),
Gender Studies – Wissenschaft oder Ideologie? Baden-Baden 2019.

Ulrich Kutschera,
Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen, Berlin 2018 (zweite Auflage).

Axel Meyer,
Adams Apfel und Evas Erbe: Wie die Gene unser Leben bestimmen und warum Frauen anders sind als Männer, München 2015.

Abschließend ist zu hoffen, dass die oben genannten Fragen von der Evaluationskommission berücksichtigt werden und dass auf gesellschaftlicher Ebene eine vernünftige Beurteilung und Bewertung der Gender Studies zustande kommen wird.

Frankfurt/Main, 18. Februar 2020

Mit freundlichen Grüßen

 

gez. Professor Dr. Günter Buchholz gez. Dr. Alexander Ulfig

zu den Mitunterzeichnern


Eine Reaktion des Wissenschaftsrates vom 11.03.2020

Professor Dr. Günter Buchholz erhielt ein Schreiben des Wissenschaftsrates, das sich auf den offenen Brief bezieht. Ein Auszug:

(…) Der Wissenschaftsrat hat in seinen Sitzungen vom 29. bis 31. Januar 2020 die “Strukturbegutachtung der Gender Studies” in sein Arbeitsprogramm aufgenommen. Entsprechend den bewährten Verfahren des Wissenschaftsrats wird zur Bearbeitung dieses Auftrages eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die die Begutachtung ergebnisoffen vornehmen wird. Der Begutachtungsprozess selbst findet – wie immer bei entsprechenden Verfahren des Wissenschaftsrats – vertraulich statt. Das heißt, dass grundsätzlich keine Informationen über die Mitglieder der Arbeitsgruppen, deren Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner sowie über Zwischenergebnisse veröffentlicht werden.

Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe werden dem Wissenschaftsrat zur Beratung vorgelegt. Die Bewertungen und Empfehlungen, die der Wissenschaftsrat auf dieser Grundlage vornehmen wird, werden anschließend veröffentlicht werden. Erst zu diesem Zeitpunkt wird sich der Wissenschaftsrat also zu den Gender Studies äußern. (…)


 

 

Mitunterzeichner

  1. Prof. Dr. Markus D. Meier
  2. Prof. Dr. Gerhard Amendt
  3. Dr. Kevin Fuchs
  4. Prof. Dr. Heinz-Dieter Pohl
  5. Dr. Harald Schulze-Eisentraut
  6. Prof. Dr. Uwe Krebs
  7. Dr. phil. Dagmar Lorenz, M.A.
  8. Prof. Dr. Dr. Adorján Kovács
  9. Prof. Dr. Martin Wagener
  10. Dr. Bruno Köhler

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